Grüß dich!
Im letzten Blog haben wir die 4. Strophe von Stille Nacht als DAS FRIEDENSLIED betrachtet.
Heute: Friede, ein moralischer Appell?
5. Strophe
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Lange schon uns bedacht,
Als der Herr vom Grimme befreit
In der Väter urgrauer Zeit
Aller Welt Schonung verhieß,
Aller Welt Schonung verhieß.
Diese Strophe richtet sich gegen alle Weltuntergangs-Prediger, gegen die Pessimisten, gegen die Kleingläubigen, gegen die Moralisten, gegen alle Menschen, die die Welt in „Gut“ und „Böse“ einteilen wollen! Sie glauben sie seien Säulen des Anstands in der Gesellschaft, sie treten aber die Würde der Menschen mit Füßen – die Würde der Völker, die Würde der Schöpfung!
Es lastet KEIN Grimm auf der Schöpfung. Die Schöpfung ist befreit von Schuld, wir sind Teil ihrer Würde, hoch erhaben über Kirchturm-Kleingeister. Die Geschichte ist nicht vom ewigen Verderben bedroht! Der „Herr“ richtet nicht, er ist kein Herrscher, kein Gebieter. Unsere „Verfehlungen“ interessieren ihn nicht! Lies in der Bibel das Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ = es ist die Geschichte vom „Barmherzigen Vater“ (Lk. 15, 11-32)! Siehst du: Gottes Macht liegt in der Güte, er sieht gar nicht die Schuld, und er lässt sich von keiner Instanz religiös vereinnahmen. Wir sind keine verlorenen Schafe und keine unterdrückten Sklaven! – Kann mir jemand aus dieser Strophe was anderes herauslesen? ….. Warum wird es jetzt so still ….!?
Nimm die Moralisten nicht zu ernst, sie sind oft keine ehrlichen Makler, sie kauern eingesperrt hinter Mauern, in ihrer eigenen Welt. Sie glauben die Menschheit von dort heraus retten zu müssen. Sie spenden dir keinen Trost. Hilflos vertrösten sie dich auf das Jenseits, was hilft dir das zum Leben im Hier und Heute?
Der Glaube des katholischen Priesters Joseph Mohr heißt Freiheit! – geborgen in den Armen des Schöpfers! Kein Platz zum Klagen, nur Lobpreis! Hat er dabei den wahren Glauben verloren? Eine unnütze Frage! Seine Botschaft im Weihnachtsgedicht Stille Nacht ist die Froh-Botschaft seine christlichen Glaubens – es entstand damals, als er ganz auf diesen Glauben angewiesen war.
Die Hüter von Sitte und Moral in der Kirche sind es für Mohr nicht wert, sie beim Namen zu nennen: Er sagt es ohne Worte in seinem Weihnachtsgedicht: vergiss die Moralprediger! Du bist frei – schon immer gewesen! Deine Verantwortung für das Leben ist Geschenk, keine erdrückende Bürde, vergiss deine Minderwertigkeitsgefühle! Deine Selbstzweifel drängen dich nur in lähmende Starre. Verscheuche all diese Plagegeister! Du bist ein Teil der Schöpfung, du mit deiner krummen Nase, mit deinen O-Beinen, mit deinem schrulligen Blick, ….. – so wie du bist!
Im nächsten Blog betrachten wir in der sechsten und letzten Strophe die Hirten mit ihren „offenen Ohren“ – keine Schäferidylle!
Habe ich dazu passend gefunden:
Wenn Tao (Gott) verloren geht, kommt die Tugend. Wenn die Tugend verloren geht, kommt die Wohltätigkeit. Wenn die Wohltätigkeit verloren geht, kommt die Gerechtigkeit. Wenn die Gerechtigkeit verloren geht, Kommen die Moralregeln.
Lao-tse
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