Franz Xaver Gruber – Lehrer, Mesner und Organist (#10)

Im letzten Blog war der Priester Joseph Mohr unser Thema. Heute: Der Lehrer Franz Xaver Gruber. 

Waren die beiden solche Genies, dass sie so ein Lied schaffen konnten?

Ich glaube, sie waren Menschen wie du und ich. 

Franz Xaver Gruber, geboren 1787 in Hochburg-Ach, Oberösterreich, ist mit 5 Geschwistern aufgewachsen: Ein Paar Stück Vieh gaben den Tagesrhythmus vor. Als Leinenweber war die Familie im Ort angesehen, aber als Kleinhäusler gehörte sie wohl nicht zu Mächtigen im Dorf. 

Als Franz Xaver, der „Franzl“, neun Jahre alt war, traf die Familie ein Schicksalsschlag: Die Mutter starb. Nun musste der Franzl bald Verantwortung für die Familie mitübernehmen und den Vater in der Weberei unterstützen. Aber da war doch etwas, was in ihm bohrte und ihm keine Ruhe ließ!?

Sein Lehrer Andreas Peterlechner, hatte es ihm angetan. Sein Orgelspielen zog ihn in den Bann. Wie oft wird der Franzl wohl heimlich auf die Orgelempore hinaufgeschlichen sein, um seinem Lehrer ganz nahe zu sein. Vielleicht wäre er am liebsten in das Orgelgehäuse hineingekrochen, um zu erforschen, wo und wie da die Töne herauskommen. Andreas Peterlechner erkannte die Begabung des Buben und gab ihm heimlich Orgelunterricht – der Vater sollte es nicht wissen! Später wendete sich das Blatt, der Vater kaufte ihm sogar ein Spinett im 5 km entfernten Burghausen und trug es persönlich nach Hause. Ja, Burghausen, – da bekam der Franzl später auch professionellen Orgelunterricht, vom bekannten Stadtpfarrorganisten Hartdopler. Die Karriere des Franzl nahm seinen Lauf – er wurde Lehrer, die Ausbildung erhielt er in Ried im Innkreis (OÖ). Hast du eine Vorstellung, wie lang das gedauert hat? – drei Monate! Das war 1807. Und wo findet er nun eine Anstellung als Lehrer?

Die kirchliche Schiene hat funktioniert! Das Benediktinerstift St. Peter (Salzburg) besaß Gründe in Hochburg-Ach. Und das Benediktiner Stift Michaelbeuern brauchte für ihre Schule in Arnsdorf dringend einen Lehrer. Mehr noch, Arnsdorf, dieser Jahrhunderte alte Wallfahrtsort, brauchte dringend auch einen Organisten! Welch wunderbare Fügung! Die Benediktiner haben zusammengespielt: Gruber erhielt die Stelle – aber – da gab es vorher Probleme zu lösen: 

  1. Salzburg war damals (1807) noch nicht bei Österreich! Er musste daher die in Oberösterreich abgelegten Lehrer-Prüfungen in Salzburg wiederholen. Sicher kein großes Problem. 
  2. Er sollte in Österreich Militärdienst leisten – und das in der Zeit der napoleonischen Kriege! Hätte er einrücken müssen, hätten wir heute sicher kein Stille Nacht Lied. Der Abt von Michaelbeuern hat es geregelt, dass Grubers Gerichtszugehörigkeit von Wildshut (OÖ) nach Salzburg übertragen wurde. Er brauchte ja so dringend einen Lehrer und Organisten für Arnsdorf! Hat also auch funktioniert.
  3. Die Lehrer- und Mesnerwohnung in der Schule in Arnsdorf war nicht frei! Dort lebte Elisabeth Fischinger, die Witwe seines Vorgängers, mit ihren zwei Kindern! 

Die Lösung?:

Er heiratet sie. Sie war eine junge Witwe, 33, Franz war damals 20! Elisabeth, als eingesessene Mesnerin, dürfte es wohl an Selbstbewusstsein nicht gemangelt haben. Der Gruber Franzl, praktisch veranlagt, wie er war, wird damit kein Problem gehabt haben. – da er sich nun ganz seinem Beruf als Lehrer und Organist widmen konnte. Doch Liebe war schon auch dabei! Sie hatten zwei Kinder miteinander. Die starben aber schon als Kleinkinder. 

Der Tod war ein ständiger Begleiter Grubers. Seine Frau stirbt mit 51. Bald darauf heiratet er seine ehemalige Schülerin Maria Breitfuß (19 Jahre jünger). Sie war Küchenhilfe bei Pfarrer Werigand Rettensteiner, vermutlich hat sie der Pfarrer immer wieder zu Gruber geschickt, um ihm beim Haushalt zu helfen. Aber, wie gesagt: Gruber, der praktische Typ, ….. Mit Maria hatte Franz 10 Kinder, aber sechs starben im Kindesalter, nur 4 überlebten. Maria stirbt mit dem letzten Kind auch, mit 34 Jahren! Das war schon in Hallein. Eine Freundin der Familie, die Witwe Katharina Wimmer aus Böckstein, wurde daraufhin seine dritte Frau. Als angesehener Chorregent und Organist führte Gruber in Hallein ein gutbürgerliches Leben. Da er nicht mehr als Schullehrer unterrichtete, konnte er sich nun ganz der Musik widmen. Er komponierte an die hundert Musikstücke, meistens für den kirchlichen Gebrauch: Messen, Andachtslieder, … In seinem Nachlass fand man auch einen dicken Ordner mit Zeichnungen, alle ganz fein ausgearbeitet.

Zurück in Arnsdorf. Gruber muss ein fleißiger und geschickter Lehrer gewesen sein, in einer Beurteilung über ihn, 1821, wurde er als „liebevoll in Behandlung der Jugend und von bester Aufführung“ beschrieben. Er hatte in der einklassigen Schule 6 Schulstufen mit ca. 35 Kindern zu unterrichten. Eigentlich eine angenehme Situation. Die Schülerzahl in anderen Schulen lag durchwegs über 100! Der Lehrer wurde durch das Schulgeld der Kinder bezahlt. Daher hätte er bei dieser Schülerzahl nicht genug zum Leben verdient. Aber er erhielt auch eine Art Grundgehalt vom Stift Michaelbeuern – und die Wallfahrer haben seine Orgeldienstegebührend entlohnt. Die Arnsdorfer Bauern werden wohl auch dafür gesorgt haben, dass er was „Gscheites“ zum Essen hat. Insgesamt würde ich Gruber nicht als dürftigen Dorfschullehrer bezeichnen.  

Gruber war auch Kulturträger. Er verfasste anlässlich der 300-Jahrfeier der Kirche in Arnsdorf eine ausführliche Geschichte über diese Wallfahrtskirche „Maria im Mösl“. Wir zeigen das handgeschriebene Original in unserer aktuellen Sonderausstellung!

Über die von Gruber organisierte Säkularfeier 1820 wurde folgendes berichtet:

„…es wurden unter der Leitung des Hr. Gruber, Schullehrers und Meßners von Arnsdorf, Messen Lytaneien und Oratorien aufgeführt, die jeder Cathedralkirche Ehre gemacht haben würden; es wurden dazu eigne Sängerinnen bestellt, nämlich die 2 Töchter des Hr. Chorregenten Peringer von Burghausen, Fanny und Josepha, die sich sowohl durch ihren schönen Gesang, als auch durch ihr artiges Benehmen vorzüglich auszeichneten.“

In Arnsdorf wirkte Gruber 21 Jahre (1807- Ende 1828) als Lehrer, Mesner und Organist. Die Begegnung mit den Pilgern und seine Verantwortung für das Wallfahrtsgeschehen, machten ihn zu einer angesehenen Persönlichkeit in Arnsdorf. 1816, als Salzburg zu Österreich kam, wurde die Salzach zur Grenze, Oberndorf wurde von der Stadt Laufen getrennt und wurde eine eigene Pfarre. Gruber übernahm auch dort die Stelle des Organisten, leitete den Kirchenchor und genoss ein gewisses Ansehen als begnadeter Musiker. Der kleine Zuverdienst war auch willkommen. Ein Jahr später, 1817, kam Joseph Mohr als Hilfspriester nach Oberndorf. 

Über die Begegnung der beiden werde ich im nächsten Blog meine Gedanken preisgeben.

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Willkommen zum Stille Nacht Blog (#1)

Ich stehe hier vor der Volksschule Arnsdorf (ein kleiner Ort, nicht weit von Salzburg), hier hat der Dorfschullehrer Franz Xaver Gruber 1818 diese berühmte Melodie geschaffen. Der Priester Joseph Mohr hatte zwei Jahre zuvor den Text als Weihnachtsgedicht geschrieben – in Mariapfarr im Lungau. Zu Weihnachten 1818 haben es Gruber und Mohr in Oberndorf zum ersten Mal gesungen.

Das Erdgeschoß ist immer noch Schule (derzeit mit 38 Schülern). Der erste Stock, wo Gruber gewohnt hat, ist jetzt Museum, das an die Geschichte von damals erinnert. Und ich bin hier der Kustos, bin also ganz nahe am Ursprung dieses Liedes! Tauchen wir hinein in diese Geschichte und schauen wir – was denn hinter dieser Geschichte steckt!?

Wenn diese Wände reden könnten, sie hätten viel zu erzählen! Wenn wir ganz still werden, vielleicht hören wir sie reden?! Und wenn wir innerlich ganz zur Ruhe kommen, vielleicht verstehen wir auch was sie sagen! Wir müssen dabei ganz Ohr sein! An dieser Stelle will ich dir verraten, dass ich vor wenigen Jahren mein Theologiestudium wieder aufgenommen und 2016 mit dem Magister abgeschlossen habe. Ich wollte besser verstehen, was die Wände erzählen – und diese Geschichte teilen.

So nebenbei: Wann habe ich mein Theologiestudium begonnen?? Ja ja, damals hatten meine Haare noch eine andere Farbe. Dazwischen habe ich ein Praktikum gemacht: 35 Jahre!

Teilen – in Corona-Zeiten?

Ich würde dich ja gerne in unser kleines Museum in Arnsdorf einladen, dich durch die Räume führen, die Geschichte spüren lassen und einen Blick hinter die Objekte werfen, und – gemeinsam horchen, was die Wände erzählen!
Auch wenn du weit weg bist, auf diesem Kanal bekommst du regelmäßig Informationen, Wissen und Gedanken, die du so vielleicht noch nie gesehen/gehört hast. So bekommt die Geschichte, die ich dir erzählen will, vielleicht eine neue Dimension!

Wie viele Bücher und Artikel wurden über Stille Nacht schon geschrieben!? Sie würden eine ansehnliche Bibliothek füllen. Ist über Stille Nacht aber schon wirklich alles gesagt?

Es gibt eine Geschichte hinter den Geschichten über Stille Nacht! Eine Geschichte zwischen Freude wie im siebenten Himmel – und Verzweiflung über menschlichen Abgründen. Dort spielt sich das Wesentliche im Leben ab. Es ist DER Ort, wo Menschen einander berühren, DER Ort, wo die Welt sich verändert. Vielleicht kommen wir auf diesem Weg dem Wesen von Stille Nacht auf die Spur?

STILLE NACHT ist nicht vom Himmel gefallen. Seine Wurzeln reichen ganz tief in uns Menschen hinein – bei dir und bei mir.
Schauen wir, was sich unter unserer Schale verbirgt! Es gibt da vielleicht einiges zu entdecken! – nicht wissenschaftlich, das können andere wahrscheinlich besser. Ich meine verborgene Schätze, die uns wirklich berühren.

Hier einige Themen, die wir die nächsten Wochen in kleinen Schritten betrachten können:
Die einzelnen Strophen. Wie viele gibt es?
Die geschichtlichen Hintergründe, die Zeit der Aufklärung, die Zeit nach den napoleonischen Kriegen!
Das Leben und die Schicksale der beiden Schöpfer.
Die Rolle der Kirche im Schatten des mächtigen Salzburger Doms.
Die Rolle der Frauen
Ist STILLE NACHT ein christliches Lied?
Hat STILLE NACHT in der christlichen Theologie einen Platz?
Wie geht es dir, wenn du am Heiligen Abend Stille Nacht singst oder hörst?

Siehst du, der Stoff wird uns nicht so schnell ausgehen!
Hast auch du Gedanken/Anregungen, die du einbringen möchtest?
Ich plane auf diesem Kanal regelmäßig einen kleinen Beitrag zu posten.
Und betrete hiermit Neuland! Corona sei Dank! Dieses Virus gab den Anstoß neue Wege zu suchen, über STILLE NACHT zu erzählen! – ich bin gespannt, ob alles funktioniert, was ich mir so schön erdacht habe! Ich freue mich auf viele Follower.

Wenn dir meine Videos gefallen – du weißt: Daumen hoch, abonnieren und mit Freundinnen/Freunden teilen!
Mach’s gut …. Und unterschätze nicht die Kraft der Stille!
„Stille Nacht! Heilge N….“ du weißt schon.

Im nächsten Blog gehen wir der Frage nach, warum nur drei der sechs Strophen allgemein bekannt sind. Später betrachten wir dann die einzelnen Strophen.

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